Anglikanische Kirche

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Die weltweit größte protestantische Kirchengemeinschaft ist die Anglikanische Kirche (Kirche von England).

Sie ist nach der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche die drittgrößte christliche Kirchengemeinschaft. Ihr Hauptverbreitungsgebiet sind die englischsprachigen Regionen des Commonwealth und der USA. Es gibt es etwa 75 Millionen anglikanische Christen, davon ca. 42 Millionen in Großbritannien und Nordirland.

Die Anfänge der englischen Reformation erscheinen alles andere als geistlich. König Heinrich VIII. (1491-1547) hatte in Oxford Theologie studiert. 1521 verfaßte er eine Schrift gegen Luther, für die ihn Papst Leo X. mit der Verleihung des Titels "Kämpfer für den Glauben" ehrte. Diesen Titel führen die Englischen Könige bzw. Königinnen bis heute im Namen. Heinrich verfolgte zunächst alle reformatorischen Regungen in England. Dann wollte er sich von seiner zweiten Frau, der Spanierin Katharina von Aragon, scheiden lassen, um die Hofdame Anna Boleyn heiraten zu können. Papst Klemens VIII. gab keine Eheannullierung. Daraufhin wurde 1531 der englische Klerus unter Druck genötigt, den König als Oberhaupt der englischen Kirche anzuerkennen. Heinrich wurde dafür vom Papst exkommuniziert. 1534 erkannte das Englische Parlament den König als Oberhaupt der Kirche von England an. Grausam wurden alle Romtreuen niedergeschlagen. Ihre Führer, die hochangesehenen Politiker Sir Thomas More und John Fisher, wurden hingerichtet. Von 1534-39 wurden alle Klöster aufgehoben und das Klostergut fiel der Krone zu.

Bis auf die Absetzung des Papstes und die Enteignung des Klosterbesitzes, blieb die Anglikanische Kirche zunächst dem römischen Dogma verhaftet. Thomas Cromwell, der für die Umwandlung der Kirche in eine Nationalkirche verantwortliche Mann, wurde 1540 enthauptet, da er sich evangelischen Erkenntnissen öffnete. Nach Heinrichs Tod kam dessen kränklicher minderjähriger Sohn Edward VI. auf den Thron. Während seiner Regentschaft von 1547-1553 versuchten dessen Protektoren, den Protestantismus einzuführen. Unter Beibehaltung der bischöflichen Verfassung wurden der Kult und die Lehre protestantisch reformiert. 1549 erschien das "Book of common prayer" als evangelisches Glaubensbekenntnis und 1552 die "42 Artikel", in denen die calvinistische Abendmahlslehre und die lutherische Rechtfertigungslehre zur Grundlage der Anglikanischen Kirche gemacht wurden. Führer der evangelischen Lehre war der Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer, der mit Calvin im Schriftwechsel stand. Martin Bucer beeinflußte die Übernahme des Evangelisch-Reformierten Bekenntnisses in die Anglikanische Kirche von ambridge, wo er zeitweise lehren durfte.

Während der fünfjährigen Regentschaft Maria Tudors (Maria die Blutige) von 1553-58, versuchte diese, die englische Kirche wieder unter Roms Herrschaft zu bringen. Es gab über 300 Hinrichtungen. 1556 wurde auch Thomas Cranmer Märtyrer des evangelischen Glaubens. Nach dem Tod der kinderlosen Maria am 17. November 1558 trat Elisabeth I. ihre 44 jährige Herrschaft an. Sie lenkte die Kirche wieder in protestantische Bahnen. 1563 wurden die 39 Artikel, eine Überarbeitung der 42 Artikel von 1552, zum Glaubensbekenntnis erklärt. Versuche, Irland der Evangelischen Kirche zu öffnen, scheiterten. Zwar zwang man den Iren anglikanische Geistliche auf, das Volk blieb aber Rom treu und unterhielt einen römischen Untergrundklerus.

Heute ist sowohl die ökumenische wie die rationalistische Theologie sehr einflussreich in der Anglikanischen Kirche (Liberale Theologie, Rationalismus). Ein hochkirchlicher Flügel im Anglikanismus hatte schon immer einen starken Zug zurück nach Rom ([Rueckkehr-Oekumene (nach Rom)|Rückkehr-Ökumene]). Die Anglikanischen Kirchen als Staatskirchen erkennen die jeweiligen englischen Monarchen als ihr Oberhaupt an. Oberster geistlicher Leiter der Kirche ist der Erzbischof von Canterbury, als Primus inter Pares. Er besitzt kein Weisungsrecht gegenüber den übrigen Kirchen der Kirchengemeinschaft. 1867 bildeten sie ihren Weltbund: die Lam-beth-Konferenz. Die Lambeth-Konferenz, ist das Treffen der Bischöfe der anglikanischen Kirche, das alle zehn Jahre stattfindet. Der Name geht zurück auf den ursprünglichen Versammlungsort, den Lambeth-Palast in London, den Amtssitz des Erzbischofs von Canterbury. 1888 formulierten die Bischöfe auf der 3. Lambeth-Konferenz die Grundlagen der anglikanischen Kirche.

Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wird die anglikanische Weltbewegung von einer Spaltung bedroht. Die Priesterweihe von Frauen sorgte für erhebliche Spannungen in der Anglikanischen Kirche Englands. Viele Anglikanische Priester traten zur Römisch-Katholischen Kirche über (Frau in der Gemeinde; Rückkehr-Ökumene). Nachdem 2003 die zur Anglikanischen Weltgemeinschaft gehörende Episkopal-Kirche den 56-jährigen bekennenden Homosexuellen Gene Robinson in den USA zum Bischof geweiht hatte, drohten besonders Anglikaner aus der 3. Welt mit dem Austritt aus der Anglikanischen Weltgemeinschaft.

Seit 1931 besteht volle Sakramentsgemeinschaft der Alt-Katholischen Kirche mit den Anglikanischen Kirchen. Altkatholische Bischöfe nehmen regelmäßig an der Lambeth-Konferenz, der Weltkonferenz der anglikanischen Bischöfe, teil. Die Anglikanische Kirche gehört zum ÖRK (Ökumenischer Rat der Kirchen). Seit 1999 existiert eine Arbeitsgemeinschaft der Anglikanisch-Episkopalischen Kirchen in Deutschland (CAECG), die gemeinsam ihre Missionstätigkeit in Deutschland koordinieren. Anglikanische Gemeinden existieren beispielsweise in Berlin, Freiburg im Breis-gau, Düsseldorf, Bonn/Köln, Hamburg, Stuttgart und Leipzig. E-piskopal-Gemeinden existieren beispielsweise in Augsburg, Baden-Baden, Frankfurt am Main, Ingolstadt, Karlsruhe, Wiesbaden, München und Nürnberg. Die Verbreitung ist nahezu identisch mit der ehemaligen britischen beziehungsweise US-amerikanischen Besatzungszone in Deutschland.

Literaturhinweise

Einzelhinweise und Quellen

Originärer Autor: Rainer Wagner

Ursprungsquelle dieses Artikels: https://www.bibel-glaube.de/handbuch_orientierung/Anglikanische_Kirche.html (Abgerufen am 21. 11. 2024 07:24)