Bengel, Johann Albrecht
lebte von 1697 bis 1752. Er war relativ nüchtern und führte den Pietismus - u.a. als württembergischer Prälat - auf kirchlich eingebundene Bahnen. Die Bundestheolo-gie mit ihrer heilsgeschichtlichen Einordnung der bibli-schen Ereignisse in Epochen sowie der Aufteilung der Kirchengeschichte in biblisch vorausgesagte Entwick-lungen war für ihn grundlegend. Er schrieb das Werk "Ordo Temporum" (die Ordnung der Zeiten). Weiter stammen aus seiner Feder die Bücher "Vom Heiligen Heimweh" und der "Gnomon", eine Vers-für-Vers-Auslegung des Neuen Testaments, die grundlegend für den württembergischen Pietismus wurde. In seiner Bibel-auslegung verband B. philologische Exaktheit mit Er-baulichkeit. Er wollte - etwa durch Analyse der Textvari-anten (Textforschung) - ganz genau das Wort erfor-schen, dabei aber auch erbaulich schreiben. Eine seiner Grundregeln lautete: "Wende dich ganz zum Text hin und wende den Text ganz auf dich an!" Biblizismus und Existenzbezug gehören untrennbar zusammen.
Die Heilige Schrift ist für B. ein zusammenhängender göttlicher Organismus, eine Ökonomie (griech. oikos = das Haus) als Verwalterschaft über das göttliche Heil. Die Bibel wirkt als Ganze so überzeugend, dass Gott als ihr Urheber erkannt wird. Die Schrift legt sich selbst aus. Sie darf auch nicht durch Bekenntnisschriften eingeengt werden. Die Heilige Schrift ist die normierende Norm, alle Bekenntnisschriften müssen sich an ihr messen las-sen. Dies wurde im evangelischen Bereich immer so gesagt im Unterschied zu römisch-katholischen Dog-men, die sich neben oder sogar über die Heilige Schrift stellen. Leider gibt es auch heute Lutheraner und Refor-mierte, die ihre Bekenntnisschriften über die Heilige Schrift stellen wollen, aber dies widerspricht dem ursprünglichen Geist der evangelischen Väter.
Vorgeworfen wird B. heute noch seine Berechnung der Wiederkunft Christi bzw. Aufrichtung des messianischen Tausendjährigen Reiches auf das Jahr 1835 anhand des Buches Daniel und der Johannesoffenbarung. Dies zeigt: Auch große Bibelausleger können Fehler machen! Jesus Christus selber hatte ja deutlich gesagt: "Zeit und Stunde weiß niemand!" (Mt 24,36.42; Apg 1,7). Ansonsten aber ließ sich B. nicht in dem Maße zu mystisch-spiritualistischen Spekulationen hinreißen wie etwa sein Zeitgenosse Oetinger, den er gut kannte und tolerierte. Theosophie und Allversöhnung lehnte B. zwar nicht ab, aber er übte auf diesem Gebiet große Zurückhal-tung.
Literaturhinweise
Kleines Theologie-Handbuch in 2 Bänden ,MABO PROMOTION 20081
L. Gassmann, Pietismus – wohin?, 2003
Einzelhinweise und Quellen
Anmerkungen
Quellenangaben
Orginärer Autor: Lothar Gassmann
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