Charismatische Bewegung
Die Pfingstbewegung ist eine Strömung im Christentum, welche meint, in besonderer Weise das Wirken des Heiligen Geistes betonen zu sollen. Sie ist im Hinblick auf das Gemeindewachstum die weltweit erfolgreichste christliche Bewegung im 20. und 21. Jahrhundert. Je nach Zählung umfasst die Pfingstbewegung mit der ihr geistig verbundenen Charismatischen Bewegung 200 bis 600 Millionen Menschen. In Deutschland hat sie nach eigenen Angaben ca. 300.000 Anhänger, die sich auf die verschiedenen Pfingstkirchen, charismatischen Erneuerungsbewegungen und etwa 300 freie Gemeinden verteilen.
Die Pfingstbewegung entstand 1906 in den USA. Von der Charismatischen Bewegung geht man seit dem Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ebenfalls in den USA aus. Trotz ihres Wachstums ist die Pfingstbewegung wegen extremer Randerscheinungen, aber auch wegen grundlegender theologischer Aussagen unter biblisch orientierten Christen umstritten. Dies geht soweit, dass die Ansicht existiert, dass in der Pfingstbewegung okkulte Kräfte mitwirken (Okkultismus). Sogenannte Manifestationen oder scheinbare Wunder könnten nicht auf der Wirkung des Heiligen Geistes, sondern auf dämonischen Mächten beruhen (Dämonen).
1906 kam es in einer von Schwarzen besuchten Baptistengemeinde in Los Angeles zu einer Art Erweckung, bei der Zungenreden und ekstatische Begleiterscheinungen auftraten. Im bunten amerikanischen Kirchenwesen fand sie bald Anklang. Sie verbreitete sich über die ganze Welt. Allerdings führte ihr Auftreten häufig zu Spaltungen und Auseinandersetzungen.
Inspiriert von erwecklichen und fundamentalistischen Bewegungen wurde die Pfingstbewegung in Topeka, Kansas, von Charles F. Parham, einem methodistischen Prediger, gegründet. Das bedeutendste Ereignis in der frühen Geschichte der Pfingstbewegung war die Erweckung in der Azusa Street in Los Angeles 1906-09. Dieses Ereignis war geprägt von großer emotionaler Erregung, relativ kurzer Harmonie zwischen den Rassen und einer Besessenheit von Zungenrede und Heilung. Ausgelöst wurde sie durch die Predigten von William J. Seymour, einem schwarzen Prediger, der die Lehren von Patham übernommen hatte. Die Glossolalie wurde zu einem zentralen Thema, das als Kriterium für die Taufe galt. Sie wurde in den Assemblies of God organisiert, die viele Missionen gründeten.[1]
Nach Deutschland kam die Pfingstbewegung über Norwegen und drang vorwiegend in die Gemeinschaftsbewegung ein. Gerade in der Gemeinschaftsbewegung war sie aber von Anfang an äußerst umstritten. Standen Pietisten wie Pastor Jonathan Paul oder Predi-ger Edel voll hinter der neuen Bewegung, so wurde sie von Evan-gelisten wie Elias Schrenk und Johannes Seitz strikt als nicht von Gott abgelehnt. In der am 15.9.1909 verfaßten "Berliner Erklärung" wird festgestellt, daß sich in dieser Bewegung Einflüsse von "unten" manifestieren. Erscheinungen in der Pfingstbewegung erinnerten an spiritistische Gruppen und die schwärmerischen Irvingianer (Katholisch-apostolische Kirche). Gleichzeitig erkannte man aber auch Heiligungsleben und geistliche Frucht bei den Pfingstlern an. Dieser Einschätzung schlossen sich besonders deutsche Pietisten bis heute an. Mit Sicherheit gibt es in Pfingstgemeinden echtes Glaubensleben. Gottes Wort wird verkündigt und Menschen finden zu Jesus. Auf der anderen Seite beobachten wir extreme schwärmerische Anwandlungen. Dabei ist zu beobachten, daß Pfingstgruppen älterer Prägung, wie Gemeinden, die zum Mülheimer Verband gehören, nüchterner sind, als viele neuere Pfingstgemeinden. Standen die Deutsche Evangelische Allianz und der Gnadauer Verband bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts voll hinter der Berliner Erklärung, so weicht die Ablehnungsfront in Deutschland langsam auf.
Um 1960 drangen pfingstlerische Gedanken in verschiedene amerikanische Kirchen ein. Es entstand die Charismatische Bewegung. Hier ist u.a. der lutherische Pfarrer Larry Christenson ein Pionier charismatisch-pfingstlerischer Gedanken in der Lutherischen Kirche. 1967 erfaßte die Charismatische Bewegung erstmalig katholische Kreise in den USA. Im Gegensatz zur Pfingstbewegung versucht die Charismatische Bewegung, keine neuen Kirchen zu gründen, sondern vorhandene Kirchen mit ihren Gedanken zu durchdringen. 1967 tauchte sie erstmals durch Pfarrer Arnold Bitt-linger in Deutschland auf.
Anfang der 90er Jahre traten in Pfingstkreisen besonders extreme Schwärmereien auf. Menschen wieherten, krähten und lachten stundenlang (Toronto-"Segen") Obwohl dies eher auf dämonische Einflussnahme hinweist, wurde es von Befürwortern als Wirkung des Heiligen Geistes hingestellt.
Nach dem Abebben der Torontobewegung verursachte eine neue pfingstlerische Extrembewegung im Stadtteil Brownsville der Großstadt Pensacola (US-Staat Florida) weltweit Aufsehen. Wie in einer Massenpsychose bekannten Gottesdienstbesucher - teil-weise unter Tränen - öffentlich ihre Sünden. Mehr als 3 Millionen Charismatiker und Pfingstler pilgerten nach Pensacola. Jedoch ging es auch mit dieser Bewegung schnell zuende. Zwischen 2000 und 2003 schieden die vier Hauptrepräsentanten der Bewegung, unter ihnen Hauptpastor John Kilpatrick und Evangelist Stephen Hill, aus dem Dienst aus. Der regelmäßige Gottesdienstbesuch ging von 3000 auf weniger als 1000 (für die USA eher ein geringer Besuch in einer bekannten Gemeinde) zurück.
Immer wieder wird in der Pfingstbewegung und teilweise auch der Charismatischen Bewegung von angeblich göttlichen Wundern, Heilungen, neuen Geistausgießungen und Salbungen sowie Erwe-ckungen berichtet. Viele dieser Segnungen entpuppten sich aller-dings bei näherer Betrachtung als Illusionen.
Einer der bekanntesten Aktivisten im Zusammenhang mit der Charismatischen Bewegung ist Rick Warren (Saddleback Community Church). Warren arbeitet offen mit Ken Blanchard, einem New-Age-Führer, zusammen. Im Juni 2005 erfüllte sich Warren, nach eigenen Worten, während einer gottesdienstlichen Versammlung vor über 30 000 Zuschauern in einem US-Stadion einen Wunsch. Mit seiner "Anbetungsband" sang er das Drogenlied "Purple Haze" (Purpurner Schleier). Es stammt vom 1970 an einer Überdosis Beruhigungsmitteln verstorbenen US-Rockstar Jimmy Hendrix.
1961/62 traten mit einer chilenischen Pfingstkirche Anhänger dieser Richtung dem Ökumenischen Rat der Kirchen bei. Die Charismatische Bewegung pflegte von Anfang an enge zwischenkirchliche Kontakte. Der Vatikan ist ihr gegenüber sehr aufgeschlossen, und die Charismatische Bewegung ist offen für die Katholische Kirche.
Die Pfingstler sind keine Gruppe, die mit Zeugen Jehovas, Mormonen oder Neuapostolen in einem Zusammenhang genannt werden kann. Aber ihre oft gefühlsbedingte Schwärmerei macht sie anfällig für andere Geister.
Literaturhinweise:
A. Seibel, Gemeinde Jesu - endzeitlich unterwandert, div. Aufl.;
R. Ebertshäuser, Die Charismatische Bewegung im Licht der Bibel, div. Aufl.
Einzelhinweise und Quellen
Orginärer Autor: Rainer Wagner
Ursprungsquelle dieses Artikels:https://www.bibel-glaube.de/handbuch_orientierung/Pfingstbewegung_Charismatische_Bewegung.html(Abgerufen am 15. 02. 2022, 21:21)